Brief des Auswanderers Gottlieb Völkel aus Burlington / USA an seine in Schlesien zurückgebliebenen Verwandten und Freunde vom 12. September 1856
Brief des Auswanderers Gottlieb Völkel aus Burlington / USA an seine in Schlesien verbliebenen Verwandten und Freunde vom 12.09.1856. Wir erfahren in dem langen Brief, welcher trotz deutscher Schreibschrift gut zu lesen und verständlich ist, daß schon vor ihm sein Sohn Traugott Völkel in die USA auswanderte und er nun mit seiner restlichen Familie heil und gesund nachgekommen ist. Von seiner Ehefrau dagegen erfährt man nichts, vielleicht war sie schon verstorben, was ihm die Auswanderung möglicherweise erleichterte. Die Unzufriedenheit über die Situation in Schlesien und über die preußische Herrschaft wird deutlich ausgesprochen und die Erleichterung, nun in einem vermeintlich freien Land leben zu dürfen. Die Nachwirkungen und Enttäuschung der gescheiterten deutschen Revolution von 1848/49 sind deutlich zu spüren, die Unzufriedenheit über den Adel und die preußische Herrschaft. Allerdings sind manche Feststellungen Gottlieb Völkels über den Staat auch heute noch in Zeiten der „Demokratie“ in Deutschland zeitlos gültig, auch ohne preußische Königs- und Adelsherrschaft. Und was hätte er wohl gesagt, hätte er gewußt, daß seine neue Wahlheimat USA gut 90 Jahre später mithelfen würden, Preußen und Schlesien von der Landkarte zu tilgen? Was ihm und seinen Kindern noch bevorstand, war der amerikanische Bürgerkrieg 1863-1865. In einem Einberufungsregister dieses Bürgerkrieges wird auch ein Traugott Voelkel genannt. Ob es sich hierbei um Gottliebs Sohn handelte? - Wie auch immer, man spürt förmlich seine Begeisterung für das neue Land und die Tatkraft, die er nun frei entfalten konnte und er ruft den in Schlesien geblieben nach, ihm zu folgen. Eventuelle Schwierigkeiten in Sprache, Verdienst und Vermögen sind im Land der Freiheit mit Fleiß und der Hilfe gleichfalls ausgewanderter Landsleute leicht zu meistern.
Es ist stark zu vermuten, da er auf Seite 8 seine Schwester direkt anspricht, daß der Brief an Johanna Miggenda geb. Völkel adressiert wurde. Demnach war das Thema Auswanderung in die USA, er gibt seiner Schwester gute Ratschläge, was zu beachten wäre, auch bei den Migendas ein stark diskutiertes Thema. Jedoch wanderte meines Wissens nach keiner der Söhne des Franz Miggendas und der Johanna geb. Völkel in die USA aus.
Der Familienname Völkel / Voelkel ist heute noch in den USA zu finden, auch in Baltimore. Inwieweit sie vom Gottlieb Völkel abstammen, ist unbekannt, da den Familiennamen Völkel / Voelkel verschiedene, nicht miteinander verwandte Familien tragen und auch diese USA-Auswanderer in ihren Reihen hatten.
Die Transkription des Briefes ist ganz unten, nach den Seiten des Originalbriefes, zu finden.
Es ist stark zu vermuten, da er auf Seite 8 seine Schwester direkt anspricht, daß der Brief an Johanna Miggenda geb. Völkel adressiert wurde. Demnach war das Thema Auswanderung in die USA, er gibt seiner Schwester gute Ratschläge, was zu beachten wäre, auch bei den Migendas ein stark diskutiertes Thema. Jedoch wanderte meines Wissens nach keiner der Söhne des Franz Miggendas und der Johanna geb. Völkel in die USA aus.
Der Familienname Völkel / Voelkel ist heute noch in den USA zu finden, auch in Baltimore. Inwieweit sie vom Gottlieb Völkel abstammen, ist unbekannt, da den Familiennamen Völkel / Voelkel verschiedene, nicht miteinander verwandte Familien tragen und auch diese USA-Auswanderer in ihren Reihen hatten.
Die Transkription des Briefes ist ganz unten, nach den Seiten des Originalbriefes, zu finden.
Transkription:
[Seite 1]
Burlington im Staate Iowa
den 12ten September 1856
den 12ten September 1856
Geliebte Schwestern, Schwäger und Freunde!
Ich und meine Kinder grüßen Euch vielmahl und wünschen,
daß unser Brief Euch und die Eurigen gesund antreffen
möge und auch frohen Muthes sein möchten, wir sein Gott
sei Dank Gesund, wir sind nach einer 3 Monathlichen Reise
und zwar am 7ten November vorigen Jahres hier in
Burlington angelangt. Die Seereise dauerte 58 Tage.
Dieselbe war uns nicht gefährlich sondern beschwärlich,
denn einem tätigen Münschen wird bei dem langen
Müßiggange die Zeit sehr lang, zu sehen war nichts,
als Himmel u: Wasser nur selten ein paar Fische keine
Insel haben haben wir nicht gesehen blos einen hohen Felsen.
Die Seekrankheit haben wir alle gehabt bis auf das kleinste
Mädchen die blieb davon befreit. Sie besteht in einem
oder zweimaligen Erbrechen, dasselbe entsteht von dem
Schwanken des Schiffes und dem üblen Theer und Pech
Geruch des Schiffes, von Ungeziefer haben wir nichts
gespiert denn es wurde mit der größten Ordnung und
[Seite 2]
Reinlichkeit das Schiff geleitet, an Lebensmitteln
fehlte es auch nicht, das zu scharf gesalzene Fleisch schmeckt
freilich nicht allen das Trinkwasser war am sparsamsten,
denn der Kapitän weiß doch nicht wann er zu Lande kommen
wird, wir hatten oft Windstille und gegen Wind
wo immer gekreutzt werden mußte, daher dauerte
die Reise lange, jedoch haben wir keine Angst und
Gefahr zu sehen bekommen Gott sei Dank nur ein
trauriges Mißgeschick betraf uns daß unsere Landsmänin
die Frau Hoppe von 221 Passagieren allein
vom Schöpfer durch den Todt zu sich gerufen wurde
und zwar den 12ten September. Sie soll wie mir eine
Ihrer Gefährten welche mit Ihr in der Kajitte reiste
einen ungeheuern Ekel vor allem gehabt haben auch
sogar soll Ihr vor ihrem blechenen Trinkgeschirr
geäkelt haben es mag sich wie man zu sagen pflegt
Ihr eigner Gift empört haben, Ihre Tochter reiste
nach Philadelfia sie hoffte dort ihren Bruder zu treffen,
ob sie ihn getroffen hat weiß ich nicht ich habe schon
zweimal an Sie nach Philadelfia geschrieben aber
Reinlichkeit das Schiff geleitet, an Lebensmitteln
fehlte es auch nicht, das zu scharf gesalzene Fleisch schmeckt
freilich nicht allen das Trinkwasser war am sparsamsten,
denn der Kapitän weiß doch nicht wann er zu Lande kommen
wird, wir hatten oft Windstille und gegen Wind
wo immer gekreutzt werden mußte, daher dauerte
die Reise lange, jedoch haben wir keine Angst und
Gefahr zu sehen bekommen Gott sei Dank nur ein
trauriges Mißgeschick betraf uns daß unsere Landsmänin
die Frau Hoppe von 221 Passagieren allein
vom Schöpfer durch den Todt zu sich gerufen wurde
und zwar den 12ten September. Sie soll wie mir eine
Ihrer Gefährten welche mit Ihr in der Kajitte reiste
einen ungeheuern Ekel vor allem gehabt haben auch
sogar soll Ihr vor ihrem blechenen Trinkgeschirr
geäkelt haben es mag sich wie man zu sagen pflegt
Ihr eigner Gift empört haben, Ihre Tochter reiste
nach Philadelfia sie hoffte dort ihren Bruder zu treffen,
ob sie ihn getroffen hat weiß ich nicht ich habe schon
zweimal an Sie nach Philadelfia geschrieben aber
[Seite 3]
noch keine Antwort zurückerhalten. Josepeh Pache
in meiner Nähe ist gesund und verdient sich schönes Geld
Ich glaubte ich reise weit ins Land aber mein Sohn
Traugott war noch 50 Meilen weiter als ich nemlich
in Muskatine Ich schrieb ihm von Deutschland aus
zwei Briefe in welchem ich ihm das Schiff und den
Kapitän nannte nebst dem Hafen Baltimora und
ersuchte ihn nach Baltimor zu kommen und mir beizustehen
auf der Reise wegen der Sprache ich kam
nach Baltimor aber Traugott und Hoppe waren
nicht da ich schrieb bald wieder nach Cambritchs
an seinen ersten Arbeitsplatz. Die Briefe von
Deutschland waren da liegen geblieben nun war
aber der Dritte dazugekommen so bald hatten sie
alle drei demTraugott nachgeschickt denn er hatte
bald zurück geschrieben nach Cambritsch in Ohio daß
er sich in Muskatine befände und so hatte er die
drei Briefe auf einmahl erhalten und wartete
schon 5 Tage hier in Burlington auf mich, ich schloß
mich da zwei wohlhabenden Bauern aus Curhessen
noch keine Antwort zurückerhalten. Josepeh Pache
in meiner Nähe ist gesund und verdient sich schönes Geld
Ich glaubte ich reise weit ins Land aber mein Sohn
Traugott war noch 50 Meilen weiter als ich nemlich
in Muskatine Ich schrieb ihm von Deutschland aus
zwei Briefe in welchem ich ihm das Schiff und den
Kapitän nannte nebst dem Hafen Baltimora und
ersuchte ihn nach Baltimor zu kommen und mir beizustehen
auf der Reise wegen der Sprache ich kam
nach Baltimor aber Traugott und Hoppe waren
nicht da ich schrieb bald wieder nach Cambritchs
an seinen ersten Arbeitsplatz. Die Briefe von
Deutschland waren da liegen geblieben nun war
aber der Dritte dazugekommen so bald hatten sie
alle drei demTraugott nachgeschickt denn er hatte
bald zurück geschrieben nach Cambritsch in Ohio daß
er sich in Muskatine befände und so hatte er die
drei Briefe auf einmahl erhalten und wartete
schon 5 Tage hier in Burlington auf mich, ich schloß
mich da zwei wohlhabenden Bauern aus Curhessen
[Seite 4]
welche nach Burlington reisten an, es war früh
5 ½ Uhr als wir vom Dampfschiff abstiegen wo es
noch dunkel war, wir standen bei unsern Küsten
da kam ein Mann der sagte Leute wollt ihr nicht
mit mir ins Haus, hier ist es ja zu kalt, da schickte
ich meine Kinder mit Ihm, denn es war ein Gastwirth
aber ich blieb bei den Küsten etwa nach einer halben
Stunde kam einer hinter den Küsten rum, trat
vor mich und sprach Vater seid Ihrs, als bald erkannte
ich an der Stimme meinen Sohn Traugott, den ich hier
nicht erwartet hätte o, welche Freude könnt Ihr euch
denken er half mir bald Wohnung suchen und alles
anschaffen was man einstweilen nöthig hat dann
reiste er wieder an seinen Arbeitsplatz zurück
der Wilhelm bekam auch bald Arbeit denn daran ist
kein Mangel wenn einer nur Arbeiten will und dann
ist auch guter Lohn, dieses Frühjahr ist er wieder zu
uns gekommen u: schaft hier an seinem Handwerk
und verdient sich schenes Geld den Tag 1 3/4 Dollar die
Arbeit ist auch hier nicht so schwer wie in Deutschland
das meiste Bauholz wird auf den Sägemühlen
welche nach Burlington reisten an, es war früh
5 ½ Uhr als wir vom Dampfschiff abstiegen wo es
noch dunkel war, wir standen bei unsern Küsten
da kam ein Mann der sagte Leute wollt ihr nicht
mit mir ins Haus, hier ist es ja zu kalt, da schickte
ich meine Kinder mit Ihm, denn es war ein Gastwirth
aber ich blieb bei den Küsten etwa nach einer halben
Stunde kam einer hinter den Küsten rum, trat
vor mich und sprach Vater seid Ihrs, als bald erkannte
ich an der Stimme meinen Sohn Traugott, den ich hier
nicht erwartet hätte o, welche Freude könnt Ihr euch
denken er half mir bald Wohnung suchen und alles
anschaffen was man einstweilen nöthig hat dann
reiste er wieder an seinen Arbeitsplatz zurück
der Wilhelm bekam auch bald Arbeit denn daran ist
kein Mangel wenn einer nur Arbeiten will und dann
ist auch guter Lohn, dieses Frühjahr ist er wieder zu
uns gekommen u: schaft hier an seinem Handwerk
und verdient sich schenes Geld den Tag 1 3/4 Dollar die
Arbeit ist auch hier nicht so schwer wie in Deutschland
das meiste Bauholz wird auf den Sägemühlen
[Seite 5]
geschnitten das starke wird in den oberen Staadten
Wisskonsin und Minisotta gehauen und auf der Missippe
zu runtergeflößt denn hier im Staadte Iowa wächst
kein Nadelholz sondern blos Eichen Linden Hickre [Hickory] Zukker
und Wallnußwälder Apfel und Flaumbaum, der
Willhelm schafft sonst schwere Arbeit wo er sich den
Tag 1 1/2 Dollar verdient Ich meinerseits habe mir
ein Haus einstweilen gepachtet mit einem Stück
Acker um daß ich vorher in allen Verhältnissen
etwas bekant werden kann ehe ich eine Farm kaufe
welche alle Tage zu kaufen sind nah u. fern, meine
Baarschaft habe ich einstweilen ausgelehet es
bringt hier schöne Zinsen nehmlich 10 bis 20 Procent
besäße ich 2000 Dollar kaufte ich keine Farm sondern
lebte von den Zinsen. Wenn ich Zeit habe schaffe ich und
verdiene 1 1/4 Dollar den Tag wo draußen sich einer
1 1/2 Woche plagen muß, es wird hier den Tag 10 Stunden
geschafft. Wegen der Sprache gehts fort denn es sind
hier über 2/3 Deutsche sehr viel Mußpreußen
geschnitten das starke wird in den oberen Staadten
Wisskonsin und Minisotta gehauen und auf der Missippe
zu runtergeflößt denn hier im Staadte Iowa wächst
kein Nadelholz sondern blos Eichen Linden Hickre [Hickory] Zukker
und Wallnußwälder Apfel und Flaumbaum, der
Willhelm schafft sonst schwere Arbeit wo er sich den
Tag 1 1/2 Dollar verdient Ich meinerseits habe mir
ein Haus einstweilen gepachtet mit einem Stück
Acker um daß ich vorher in allen Verhältnissen
etwas bekant werden kann ehe ich eine Farm kaufe
welche alle Tage zu kaufen sind nah u. fern, meine
Baarschaft habe ich einstweilen ausgelehet es
bringt hier schöne Zinsen nehmlich 10 bis 20 Procent
besäße ich 2000 Dollar kaufte ich keine Farm sondern
lebte von den Zinsen. Wenn ich Zeit habe schaffe ich und
verdiene 1 1/4 Dollar den Tag wo draußen sich einer
1 1/2 Woche plagen muß, es wird hier den Tag 10 Stunden
geschafft. Wegen der Sprache gehts fort denn es sind
hier über 2/3 Deutsche sehr viel Mußpreußen
[Seite 6]
Badische Wittenberger Beiern die sprechen alle Deutsch
Da hört man dem Preuschen Heuptling das Lob preisen
zu bedauern seid ihr armen Schlesinger wie die
hiesige Zeitung schreibt so habt Ihr eine Mißerndte
gehabt hier in Amerika ist die Erndte an Gebund
eine mittlere weil es mehr trocken als naß war
aber an Körnern eine reichliche die Kartoffeln sind
gesund u: sehr schön zum Essen, aber nicht
gar zuviel Maas wegen der Trockenheit. Sehr
schönes Welschkorn ist gewachsen, welches ein
Hauptproduckt Amerikas ist, es ist ein ernstliches
Viehfutter, Tausende und abertausende Schweine
werden damit satt gemacht, Ochsen und
Kühe gemästet und Pferde damit gefüttert, hier
giebtst schönes Rind und Pferdevieh, hier wird schnell
gefahren und geritten, Frauen reiten hier wie Männer
hier giebsts drei Burghäuser, in welchen vom 15ten
Dezember bis Ende März über 50.000 Schweine geschlachtet
werden, das Fleisch wird in Fäßer gespinnt und in
die Seehafen Städte verschickt. Solche Werkstetten
wünschte ich Euch zu sehen, die Eingeweide und Geschlinke
werden weg gefahren in den Missisippe
da haben wir manchmal gesagt, ja wenn die
schlesischen armen Leute solches hätten wie
Badische Wittenberger Beiern die sprechen alle Deutsch
Da hört man dem Preuschen Heuptling das Lob preisen
zu bedauern seid ihr armen Schlesinger wie die
hiesige Zeitung schreibt so habt Ihr eine Mißerndte
gehabt hier in Amerika ist die Erndte an Gebund
eine mittlere weil es mehr trocken als naß war
aber an Körnern eine reichliche die Kartoffeln sind
gesund u: sehr schön zum Essen, aber nicht
gar zuviel Maas wegen der Trockenheit. Sehr
schönes Welschkorn ist gewachsen, welches ein
Hauptproduckt Amerikas ist, es ist ein ernstliches
Viehfutter, Tausende und abertausende Schweine
werden damit satt gemacht, Ochsen und
Kühe gemästet und Pferde damit gefüttert, hier
giebtst schönes Rind und Pferdevieh, hier wird schnell
gefahren und geritten, Frauen reiten hier wie Männer
hier giebsts drei Burghäuser, in welchen vom 15ten
Dezember bis Ende März über 50.000 Schweine geschlachtet
werden, das Fleisch wird in Fäßer gespinnt und in
die Seehafen Städte verschickt. Solche Werkstetten
wünschte ich Euch zu sehen, die Eingeweide und Geschlinke
werden weg gefahren in den Missisippe
da haben wir manchmal gesagt, ja wenn die
schlesischen armen Leute solches hätten wie
[Seite 7]
wie würden sie sich freuen, welchen das Adelsthier
das Hemd und die Haut von den Gebeinen runtergefressen
und noch täglich täglich frist, ach du armes Preußen, welch
einen großen Haufen Wölfe und Wämste hast du gefüttern,
welche wohl dick und fett aber nicht satt
werden, wenn du doch auch einmal ein Befreiungsfest
feiern köntest, wie es Nordamerika alle Jahr den 4ten
Juli feiert. Vor einigen Wochen kamen zwei Bunzlauer
eingewandert, wo ich zum erstaunen hörte, daß der
preußische Heuptling die Klassensteuer wieder erhöht
hat, ach daß doch der Pflichtvergessene Häuptling aus
seinem Taumelschlummer erwachte und die lügen wäsche
um weiter zu schauen, er der allergnädigste geruth
und dem und jenem den Adlerorden schenkt, wenn
er sich doch auch einmal die Ohren öffnete und zum Gefühl
des Mittleids beleben lies und auch den Armen
einmal allergnädichst geruhten und sich über sie erbarmte,
damit nicht in einem andern Welttheil dürfte
gesagt werden, die Preußische Stadtsverwaltung ist
die schlechteste ungerechteste und niederträchtigste in
der Welt. Wenn er ein Ehrgefühl in sich hätte,
schämen müßte er sich, daß so viele seiner mühsamen
und treuen Unterthanen über ihr Leben zu wachen und Habe
und Guth zu schützen vor öffentlicher Räuberbande
welche im preußischen Staadte öffentlich ihr Unwesen
treibt, hier giebts keine solche Bande und
kein Adelsthier, folglich ist es auch viel besser hier
denn es sind nicht jährlich 8.000.000 Rennten zu zahlen
wie würden sie sich freuen, welchen das Adelsthier
das Hemd und die Haut von den Gebeinen runtergefressen
und noch täglich täglich frist, ach du armes Preußen, welch
einen großen Haufen Wölfe und Wämste hast du gefüttern,
welche wohl dick und fett aber nicht satt
werden, wenn du doch auch einmal ein Befreiungsfest
feiern köntest, wie es Nordamerika alle Jahr den 4ten
Juli feiert. Vor einigen Wochen kamen zwei Bunzlauer
eingewandert, wo ich zum erstaunen hörte, daß der
preußische Heuptling die Klassensteuer wieder erhöht
hat, ach daß doch der Pflichtvergessene Häuptling aus
seinem Taumelschlummer erwachte und die lügen wäsche
um weiter zu schauen, er der allergnädigste geruth
und dem und jenem den Adlerorden schenkt, wenn
er sich doch auch einmal die Ohren öffnete und zum Gefühl
des Mittleids beleben lies und auch den Armen
einmal allergnädichst geruhten und sich über sie erbarmte,
damit nicht in einem andern Welttheil dürfte
gesagt werden, die Preußische Stadtsverwaltung ist
die schlechteste ungerechteste und niederträchtigste in
der Welt. Wenn er ein Ehrgefühl in sich hätte,
schämen müßte er sich, daß so viele seiner mühsamen
und treuen Unterthanen über ihr Leben zu wachen und Habe
und Guth zu schützen vor öffentlicher Räuberbande
welche im preußischen Staadte öffentlich ihr Unwesen
treibt, hier giebts keine solche Bande und
kein Adelsthier, folglich ist es auch viel besser hier
denn es sind nicht jährlich 8.000.000 Rennten zu zahlen
[Seite 8]
Wie in Preußen, es hat auch keine Pensionärn und
überhäufte Staadsbeamte, und demnach herscht größere
Ordnung als draußen, denn hier gehts nach Gerechtigkeit,
hier gillt der Arme wie der Reiche, hier kann man
die Nacht alles draußen lassen, wird etwas gestohlen
so ists Geld oder Prätiosen, wird aber der Dieb erwischt,
so folgt harte Strafe er sei wer er wolle,
wer soll in Deutschland hart strafen, da die Großen
die ersten Spitzbuben sind. Ich hätte dir schon länst
geschrieben aber ich wollte mich genauer erkundigen,
wie es mit der Weberei hier stehe, es sollen in
den östlichen Staadten viele Fabricken sein, in
unserer Nähe giebt es keine, die Baumwollene
Waare ist hier auch nicht theuer, ein Jard kosten
8 - 20 Cent. Daß ist soviel wie 9/4 allt Breslauer
Maas, Schaafwollene Zeuge und Leinene sind aber
theuer, nach deutscher Berechnung ist alles theuer
aber nach hiesigem Verdienst ist es billig, ein
paar Mannsschuhe 1 1/2 Dolar, ein paar Stiefeln
2 1/2 Dolar, Hosen 1 2/3 Dolar. Sollten deine
Söhne, geliebte Schwester nachkommen, so rathe ich,
nicht viel Gepäck mit zu nehmen, denn es beschwert
die Reise, das Geld in der Tasche ist leichter
vor Geld ist hier alles zu haben und weil vortheilhaffter
als bei euch; Sollten sie auch die
Weberei nicht betreiben können, so hats andere
Wie in Preußen, es hat auch keine Pensionärn und
überhäufte Staadsbeamte, und demnach herscht größere
Ordnung als draußen, denn hier gehts nach Gerechtigkeit,
hier gillt der Arme wie der Reiche, hier kann man
die Nacht alles draußen lassen, wird etwas gestohlen
so ists Geld oder Prätiosen, wird aber der Dieb erwischt,
so folgt harte Strafe er sei wer er wolle,
wer soll in Deutschland hart strafen, da die Großen
die ersten Spitzbuben sind. Ich hätte dir schon länst
geschrieben aber ich wollte mich genauer erkundigen,
wie es mit der Weberei hier stehe, es sollen in
den östlichen Staadten viele Fabricken sein, in
unserer Nähe giebt es keine, die Baumwollene
Waare ist hier auch nicht theuer, ein Jard kosten
8 - 20 Cent. Daß ist soviel wie 9/4 allt Breslauer
Maas, Schaafwollene Zeuge und Leinene sind aber
theuer, nach deutscher Berechnung ist alles theuer
aber nach hiesigem Verdienst ist es billig, ein
paar Mannsschuhe 1 1/2 Dolar, ein paar Stiefeln
2 1/2 Dolar, Hosen 1 2/3 Dolar. Sollten deine
Söhne, geliebte Schwester nachkommen, so rathe ich,
nicht viel Gepäck mit zu nehmen, denn es beschwert
die Reise, das Geld in der Tasche ist leichter
vor Geld ist hier alles zu haben und weil vortheilhaffter
als bei euch; Sollten sie auch die
Weberei nicht betreiben können, so hats andere
[Seite 9]
andere Arbeit genung, hier giebts viele die daß
nicht betreiben waß sie in Deutschland gelernt haben
Die schleinigste Reise ist über Hamburg nach Neujorck
auf dem Dampfschiff kostet es dieses Jahr 50 Thaler
Preußisch von Neujorck bis Burlington, auf der
Eisenbahn kostet es 20 Dolar per Schnellzug. Ich
reiste von Balltimore über Harischburg nach
Pitzburg auf der Eisenbahn mit 851 Pfund Gepäck,
kostete es 22 1/2 Dolar, von da fuhr ich auf einem
Dampfboth welches bald abging St. Lois, auf dieses
Boot half mir ein Breslauer, welcher bein reichen
Dierig die Fabrikation gelernt hatte, ich bezalte
mit Gepäck 13 1/2 Dolar, von St. Lois reiste ich
wieder auf einem andern Boote bis Burlington
und bezahlte 10 D. für Kost muß selbst gesorgt
werden. Auf der Seereise ist gut zu gebrauchen
Wurst, Schinken, Zucker, Zwieback, Wein, Pfeffer,
Kümmel, Muskatennuß, Pflaumen, Lindenblüthe,
Tausenguldenkraut, Kammille, Liquir, Magentropfen,
Hagebuthe und deren Laub, ein gut Schußgewehr
den hier ist freie Jagt. Auf dem Schiffe, hallte
mann sich bei kalltem Wetter warm, nehme
Platz beim mittelsten Mastbaum, so viel als
andere Arbeit genung, hier giebts viele die daß
nicht betreiben waß sie in Deutschland gelernt haben
Die schleinigste Reise ist über Hamburg nach Neujorck
auf dem Dampfschiff kostet es dieses Jahr 50 Thaler
Preußisch von Neujorck bis Burlington, auf der
Eisenbahn kostet es 20 Dolar per Schnellzug. Ich
reiste von Balltimore über Harischburg nach
Pitzburg auf der Eisenbahn mit 851 Pfund Gepäck,
kostete es 22 1/2 Dolar, von da fuhr ich auf einem
Dampfboth welches bald abging St. Lois, auf dieses
Boot half mir ein Breslauer, welcher bein reichen
Dierig die Fabrikation gelernt hatte, ich bezalte
mit Gepäck 13 1/2 Dolar, von St. Lois reiste ich
wieder auf einem andern Boote bis Burlington
und bezahlte 10 D. für Kost muß selbst gesorgt
werden. Auf der Seereise ist gut zu gebrauchen
Wurst, Schinken, Zucker, Zwieback, Wein, Pfeffer,
Kümmel, Muskatennuß, Pflaumen, Lindenblüthe,
Tausenguldenkraut, Kammille, Liquir, Magentropfen,
Hagebuthe und deren Laub, ein gut Schußgewehr
den hier ist freie Jagt. Auf dem Schiffe, hallte
mann sich bei kalltem Wetter warm, nehme
Platz beim mittelsten Mastbaum, so viel als
[Seite 10]
als möglich hallte mann sich auf dem Vordeck
auf, und wenn man nach Amerika kommt, so
nehme man sich mit dem Fleischessen in Acht,
denn in den Gasthäusern ist den Tag 3 mal Fleisch,
es ist gebraten und sellten weich, da kann man
sich leicht das Fieber zuziehen, Doktor und
Apotheke sind theuer. Hier wird sehr gute Kost
geführt, wofür einer die Woche 2 ½ bis 3 Dolar
bezahlt mit Logis, das Pfund Schweinefleisch kostet
5 Cent. Das Ochsen und Hammelfleisch 7 - 8 Cent, eine
Tonne Weitzenmehl von 200 Pfund kostet 7 Dolar, Rocken
6 Dolar, Kartoffeln der Buschel 70 Cent, ein Buschel
ist so viel wie ein allter halber Scheffel, das Pfund
Butter 20 Cent. Ein Dutzend Eier 10 Cent. 1 Pfund Kaffe
15 Cent, Zucker 15 Cent, 1 ½ Quart gute Milch 5 Cent,
100 Cent sind ein Dolar. Mit dem Gelde ist man
gleich bekannt, der einfache Cent ist von Kupfer,
dan der 5, 25 und 50 Cent von Silber, der Dolar ist
Gold. Es giebt 1, 2 ½, 5, 10 und 20 Dolar Stücke,
alles von feinem Gold; Es giebt auch viel Papier-
Geld. Daß Frauenbildniß ist auf jedem Stück
Geld geprägt mit einem Kranze um das Haupt,
in welchem das Wort Liehertin, auf deutsch
Freiheit.
als möglich hallte mann sich auf dem Vordeck
auf, und wenn man nach Amerika kommt, so
nehme man sich mit dem Fleischessen in Acht,
denn in den Gasthäusern ist den Tag 3 mal Fleisch,
es ist gebraten und sellten weich, da kann man
sich leicht das Fieber zuziehen, Doktor und
Apotheke sind theuer. Hier wird sehr gute Kost
geführt, wofür einer die Woche 2 ½ bis 3 Dolar
bezahlt mit Logis, das Pfund Schweinefleisch kostet
5 Cent. Das Ochsen und Hammelfleisch 7 - 8 Cent, eine
Tonne Weitzenmehl von 200 Pfund kostet 7 Dolar, Rocken
6 Dolar, Kartoffeln der Buschel 70 Cent, ein Buschel
ist so viel wie ein allter halber Scheffel, das Pfund
Butter 20 Cent. Ein Dutzend Eier 10 Cent. 1 Pfund Kaffe
15 Cent, Zucker 15 Cent, 1 ½ Quart gute Milch 5 Cent,
100 Cent sind ein Dolar. Mit dem Gelde ist man
gleich bekannt, der einfache Cent ist von Kupfer,
dan der 5, 25 und 50 Cent von Silber, der Dolar ist
Gold. Es giebt 1, 2 ½, 5, 10 und 20 Dolar Stücke,
alles von feinem Gold; Es giebt auch viel Papier-
Geld. Daß Frauenbildniß ist auf jedem Stück
Geld geprägt mit einem Kranze um das Haupt,
in welchem das Wort Liehertin, auf deutsch
Freiheit.
[Seite 11]
Hier giebts zwei Dampfmühlen, Eisengußerei
und viele andere Maschienen, Burlinton ist ein
Städtchen von 12 000. Einwohnern und ist größer angelegt
als Neujorck welches 450.000 Seelen zählt;
Kirchen und Schulen giebts hier viel, nehmlich Evangelisch,
Katholische, Methodistische oder Brüder, Revormirte,
Papedistische, Prepitherische, Menoniten, Humitten
u.s.w. von jeder Sprache immer eine Kirche; Es
hat auch drei Freischulen und ein Studir Collegium;
Des Sontags vor der Kirche wird auch Schule
gehallten die umsonst. Hier ist ein schöner
evangelischer Prediger in unserer Kirche, zu dem
möchte der preußi Häuptling in die Kirche
kommen, der würde ihn lehren wie einer sein
eigen Brodt und nicht gestohlenes essen soll.
Übrigens gefällt es uns hier recht gut, nur daß
die Mutter nicht bei mir ist, daß traurige Mißgeschick,
hier dürfte Sie die allte Kleidung nicht
so ausbessern und kümmerlich leben, hier darf
einer wenn er gesund ist, nicht so ein Sklaven
Leben führen wie in Preußen. Hier wird viel
gebaut, die Bauart ist ganz anders wie in
Deutschland, waß von Ziegeln und Bruchsteinen
gebaut wird ist Rohbau; Es wird auch viel von
Holz gebaut, wo ein Haus mit 2 Zimmern
in
Hier giebts zwei Dampfmühlen, Eisengußerei
und viele andere Maschienen, Burlinton ist ein
Städtchen von 12 000. Einwohnern und ist größer angelegt
als Neujorck welches 450.000 Seelen zählt;
Kirchen und Schulen giebts hier viel, nehmlich Evangelisch,
Katholische, Methodistische oder Brüder, Revormirte,
Papedistische, Prepitherische, Menoniten, Humitten
u.s.w. von jeder Sprache immer eine Kirche; Es
hat auch drei Freischulen und ein Studir Collegium;
Des Sontags vor der Kirche wird auch Schule
gehallten die umsonst. Hier ist ein schöner
evangelischer Prediger in unserer Kirche, zu dem
möchte der preußi Häuptling in die Kirche
kommen, der würde ihn lehren wie einer sein
eigen Brodt und nicht gestohlenes essen soll.
Übrigens gefällt es uns hier recht gut, nur daß
die Mutter nicht bei mir ist, daß traurige Mißgeschick,
hier dürfte Sie die allte Kleidung nicht
so ausbessern und kümmerlich leben, hier darf
einer wenn er gesund ist, nicht so ein Sklaven
Leben führen wie in Preußen. Hier wird viel
gebaut, die Bauart ist ganz anders wie in
Deutschland, waß von Ziegeln und Bruchsteinen
gebaut wird ist Rohbau; Es wird auch viel von
Holz gebaut, wo ein Haus mit 2 Zimmern
in
[Seite 12]
in 6 – 7 Tagen fertig ist. Das Bürgerrecht
erhällt einer in 5 Jahren; Es ist hier nicht so,
wie die Reacktion in Deutschland Amerika
beschreibt, daß alles wild und lauter schlechte
Menschen da sein. Ich bin nun jetzt 10 Monate
lang hier, aber ich kenne noch keinen Vorgesetzten
und Konstabler, es hat mich noch niemand
gefragt wo ich her bin und was ich besitze, hier
darf einer der keinen Besitz hat nichts bezahlen
Diejenigen welche Besitz haben, bezahlen jährlich
zum ersten Januar den ausgesagten Text.
oder Stadt Steuer, Staats-Steuer wird nicht
gezahlt, denn hier langt der Landes-Zoll und
der Erlös für das Konkreßland zu. Der Acker
Konkreßland kostet 1 1/4 Dolar. Ich glaube
in ganz Amerika giebts nicht so viel Staatsbeamte
als in dem ungerechten P. allein.
Hier dient jeder Beamte 3 Jahr, dan geht
er ab ohne Pension. Liebe Schwester, da
wir schon zweimal an die Hoppischen geschrieben
und keine Antwort erhallten haben
so seid doch so gut und erkundigt Euch, sie werden
doch gewiß nach Deutland geschrieben haben
und
in 6 – 7 Tagen fertig ist. Das Bürgerrecht
erhällt einer in 5 Jahren; Es ist hier nicht so,
wie die Reacktion in Deutschland Amerika
beschreibt, daß alles wild und lauter schlechte
Menschen da sein. Ich bin nun jetzt 10 Monate
lang hier, aber ich kenne noch keinen Vorgesetzten
und Konstabler, es hat mich noch niemand
gefragt wo ich her bin und was ich besitze, hier
darf einer der keinen Besitz hat nichts bezahlen
Diejenigen welche Besitz haben, bezahlen jährlich
zum ersten Januar den ausgesagten Text.
oder Stadt Steuer, Staats-Steuer wird nicht
gezahlt, denn hier langt der Landes-Zoll und
der Erlös für das Konkreßland zu. Der Acker
Konkreßland kostet 1 1/4 Dolar. Ich glaube
in ganz Amerika giebts nicht so viel Staatsbeamte
als in dem ungerechten P. allein.
Hier dient jeder Beamte 3 Jahr, dan geht
er ab ohne Pension. Liebe Schwester, da
wir schon zweimal an die Hoppischen geschrieben
und keine Antwort erhallten haben
so seid doch so gut und erkundigt Euch, sie werden
doch gewiß nach Deutland geschrieben haben
und
[Seite 13]
um den Staat und die Stadt in welcher
sie sich befinden, da gebt nur Nachricht von
Ihnen. Den Brief welchen Ihr mir schickt,
dürfth Ihr nicht frei machen, er kostet
nicht mehr als 30 Cent.
Euer Treuer Bruder und Söhne
Gottlieb Völkel
Einen Gruß an meinen allten
Freund Gottlob Sekmelden.
Die Adresse an mich ist
Mr.
Gottlieb Völkel Burlington
Unutät Staates Iowa
of
Nord-Americka
um den Staat und die Stadt in welcher
sie sich befinden, da gebt nur Nachricht von
Ihnen. Den Brief welchen Ihr mir schickt,
dürfth Ihr nicht frei machen, er kostet
nicht mehr als 30 Cent.
Euer Treuer Bruder und Söhne
Gottlieb Völkel
Einen Gruß an meinen allten
Freund Gottlob Sekmelden.
Die Adresse an mich ist
Mr.
Gottlieb Völkel Burlington
Unutät Staates Iowa
of
Nord-Americka
© Thorsten Migenda 2021-06-28
letzte Überarbeitung: -
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