Über die Rekrutenzeit 1944
von Hans-Jürgen Migenda
Fliegerhorst und Kasernen in Oschatz 01.06.1944 – 31.10.1944
Bevor wir nach Oschatz kamen, hatte ein Teil von uns in Malmsheim bei Stuttgart das RAL - Reichsausbildungslager der Luftwaffe – besucht, um als Abschluß den Segelflugschein „C“ zu erhalten. Leider traf kurz vor Ende des Lehrganges für alle der Einberufungsbefehl zur Luftwaffe ein. Gehorsam folgten wir ihm. Nur ein Teilnehmer war am letzten Tag plötzlich verschwunden und wir fuhren ohne ihn nach Oschatz. Wenige Zeit später (wohl 3 Tage) traf er ein. Keine Vorwürfe, kein Strafverfahren folgten. Im Gegenteil, die Vorgesetzten freuten sich riesig! Sie brauchten keine Nachforschungen und Rückfragen zu halten: alles war ja geklärt. Und er hatte den C-Schein erhalten!
Es war am 1. Juni 1944. Da trafen wir zukünftigen Rekruten am Bahnhof in Oschatz ein. Es war ein sehr sonniger und heißer Tag. Am Vorplatz fuhr in Richtung Luftwaffenkasernen erst zu später Zeit ein Bus. Nur wenige wollten auf ihn warten, die anderen gingen mit ihrem Gepäck zu Fuß. Da wir noch jung und rüstig waren, machte uns diese Hitze kaum etwas aus. Mit Pausen brauchten wir etwa 2 Stunden, bis wir am Kasernentor angelangt waren. Sogleich wies uns der Posten ein, registrieren, einkleiden, Abgabe des Koffers mit den Zivilsachen war das nächste. Auf die einzelnen Züge und Gruppen teilte man uns ein, gab in einem Gebäudezug der 6. Kompanie (4 Züge) die Plätze. Kleidung, die nicht paßte, tauschten wir untereinander oder in der Kleiderkammer um. Brausen und WC, Alarmausgänge sowie Vorgesetzten- und Schreibstuben wurden gezeigt. Wichtig waren Kantine und Eßräume.
Es war am 1. Juni 1944. Da trafen wir zukünftigen Rekruten am Bahnhof in Oschatz ein. Es war ein sehr sonniger und heißer Tag. Am Vorplatz fuhr in Richtung Luftwaffenkasernen erst zu später Zeit ein Bus. Nur wenige wollten auf ihn warten, die anderen gingen mit ihrem Gepäck zu Fuß. Da wir noch jung und rüstig waren, machte uns diese Hitze kaum etwas aus. Mit Pausen brauchten wir etwa 2 Stunden, bis wir am Kasernentor angelangt waren. Sogleich wies uns der Posten ein, registrieren, einkleiden, Abgabe des Koffers mit den Zivilsachen war das nächste. Auf die einzelnen Züge und Gruppen teilte man uns ein, gab in einem Gebäudezug der 6. Kompanie (4 Züge) die Plätze. Kleidung, die nicht paßte, tauschten wir untereinander oder in der Kleiderkammer um. Brausen und WC, Alarmausgänge sowie Vorgesetzten- und Schreibstuben wurden gezeigt. Wichtig waren Kantine und Eßräume.
Die Haarfrisur gab es am ersten (oder zweiten) Tag: dreimal mit dem Rasierer über den Kopf geschoren plus zweimal Seitenschnitt. 50 Pf. Der Nächste stand sprungbereit neben einem und flitzte sofort auf den Sessel. Etwa drei oder vier Friseure fertigten uns Neue so in kurzer Zeit ab. Ein Unteroffizier dagegen wurde viele Minuten lang mit der Handschere bearbeitet und betuttelt.
In den nächsten Tagen ließ man uns auf dem großen Übungsplatz exerzieren, laufen, sammeln und antreten. Bald stellten die Ausbilder fest, daß wir diesen ganzen Zauber kannten und beherrschten; wir hatten das alles als Luftwaffenhelfer schon über 1 Jahr vordem bei den Flakeinheiten gelernt und ausgeführt. So kamen wir vorzeitig zur nächsten Ausbildung: Schießen an einem vielfältigen Stand. Hier galt es, Ruhe zu bewahren, dann mit dem Karabiner 98k richtig zielen und mehrfach zu schießen. Anpfiff oder gar Andonnern seitens des Vorgesetzten gab es nicht. Im allgemeinen waren meine Ergebnisse gut bis auf einen Fall, da gingen die Schüsse einseitig daneben. Nach einigen Hin- und Hergerede nahm der Ausbilder das Gewehr in die Hand, untersuchte es fachmännisch und kam zu dem Ergebnis, das es in sich (im Lauf) verwunden sei. Das Gewehr ging an den Waffenmeister zurück, der dann versuchte, den Lauf in Ordnung zu bringen; was manchmal nicht gelang. Mit einem anderen Gewehr erzielte ich dann (sehr) gute Ergebnisse! –
In Oschatz (oder in Tulln) bei Wien durften wir manches mal in den Kinoraum gehen und uns einen Film anschauen. Der Raum faßte etwa 15 x 8 = 120 – 150 Personen. Er stieg nach hinten gleichmäßig an, hatte rechter Hand zwei Ein- und Ausgänge. Eintrittskarten gab es auf der Schreibstube oder über einen Feldwebel. Man mußte sich gut geführt haben, wenn man eine Karte erhalten wollte. Meist liefen Unterhaltungsfilme. Einmal wurde ein Film gezeigt, der aus vielen verschiedenen Filmen zusammengeschnitten war; er erhielt lauter Musik- und Gesangsstücke. So erinnere ich mich an das Stück mit Johannes Heesters „-Das Karussell dreht immer sich im Kreis herum …“ aus dem Film „Der weiße Traum“ (?). Eintritt erhielten wir in den ersten Ausbildungswochen nicht, erst gegen Ende.
An einem späten Abend – wir befanden uns auf unseren großen Zimmern – ertönte plötzlich ein lauter Knall, ein Schuß! Da waren wir erschrocken und liefen auf den Flur. Auch aus den Nachbarräumen kamen die Soldaten heraus. Man schaute sich um, fragte und suchte nach der Ursache! Die Gewehrständer waren vollständig mit Gewehren 3-4 Stück gefüllt; nichts war daran festzustellen. Ein vorgesetzter Offizier oder Feldwebel nahm jedes Gewehr einzeln in die Hand, öffnete das Schloß, schnupperte daran, aber die Gewehre waren alle sauber, kein Pulvergeruch war festzustellen. Man mußte alles auf sich beruhen lassen. - Am Tage hatten wir scharf auf dem Übungsgelände geschossen, dann die leeren Hülsen nachgezählt und die Gewehre gut gereinigt. Alles hatte gestimmt. Man munkelte, daß im Nachbarraum ein Soldat an einem Gewehr den Abzugshahn betätigt habe und da sei eine noch vorhandene schußfähige Patrone losgegangen. Da niemand verletzt worden war, schaltete man rasch, öffnete die Fenster, reinigte blitzschnelle das Gewehr und nutzte die Verwirrung im Flur aus, dort im Gedränge das Gewehr in den Ständer zu bringen. Am nächsten Tag war auch die mutmaßliche Geschoßeinschußstelle an der Decke nicht mehr aufzufinden. Keiner verletzt! Man hatte sich an der Regel gehalten, das Gewehr beim Hantieren oder in der Übergabe stets mit dem Lauf nach unten (zu Boden) oder oben (zur Decke) zu halten, so daß ein eventueller Schuß keinen Menschen treffen konnte.
Handgranatenwürfe: Nur eiserne Attrappen! Echte waren zu wenige vorhanden, nur ein Soldat durfte einmal eine echte bei einer Übung werfen. Da wir volle Deckung nehmen mußten, konnten wir nur den Knall und sodann eine kleine Vertiefung im Gelände wahrnehmen. Der Unteroffizier berichtete uns, sie hätten früher bei Übungen viele planmäßig geworfen. – Linkshänder: Da habe er gesehen, wie ein Rekrut seine Handgranate in der linken Hand behielt und mit der rechten den Abzugsknopf wegwarf. Der Unteroffizier erfaßte sofort die Situation, riß die Handgranate dem Rekruten aus der Hand, warf sie weit weg und schrie: „Volle Deckung!“. Dabei warf er ihn und sich zu Boden. Kaum geschehen, so zerplatzte sie mit lautem Knall, doch keiner kam zu Schaden! – Wer also Linkshänder sei, müßte darauf sehr achten.
Geländeübungen in unübersichtlichem Gebiet hatten ihren Sinn, aber nicht auf offenem Gebiet! Das war dann meist Schikane, in sinnloses Schleifen. Da waren wir oft wütend und rannten fast den Ausbilder um. Das spürte er. Einige besonders kluge Rekruten von uns setzten sich zusammen und sprachen den Ausbilder eingehend an. Was stellte sich dabei raus? Er war der Meinung, nur so könne er uns klein kriegen, damit wir immer unser letztes hergäben. Sonst käme er gegen uns „Studierte“ (gemeint waren „Abiturienten“) nicht an. Es bedurfte einiger Aufklärung und Überredung, bis er begriff, daß seine Anschauung falsch sei. Ergebnis: Künftig wurde weniger geübt, dafür gaben wir unser bestes her. Lehrreich waren Waldkämpfe, gedacht gegen Partisanen. Das konnte mancher von uns im späteren Kriegsgeschehen gut verwenden. – Viel wurde gesungen. Beim Marschieren war das von Nutzen, es lenkte von den Anstrengungen körperlicherseits ab. Bei einem Sangeswettstreit tat sich unser Hauptmann Hartwig (?) besonders hervor. Er komponierte das Lied „Großdeutschlands gefürchtete Adler stellen den Tommi zur Schlacht, stürzen sich auf die Maschinen, bekämpfen die Übermacht. Siegen, kämpfen und fallen ist unser Gebot. Für Deutschland zu sterben in so großer Not“. Mit viel Üben gab’s dann den 1. Preis! Einige von uns meckerten über den Text; damals ließen sich nur noch wenige deutsche Jagdflugzeuge am Himmel sehen. Zum einen hatten wir hohe Verluste und der Nachschub war sehr behindert, zum anderen setzte unsere Führung die Jäger nur dort ein, wo sie bitter nötig waren: an der Ostfront, über Berlin, dem Ruhrgebiet und im Westen. Gegen Ende der Ausbildungszeit hörte das Schleifen und Geschrei allmählich auf. In Erinnerung geblieben ist die Übung „Stürmen und Erobern eines Dorfes“. Das war ein guter Abschluß (endlich!).
Soweit ich mich erinnere meldeten sich unter anderem einige zur Flak, da sie dort als LwH gute Erfahrung gesammelt hatten. Wir mögen fünf oder mehr Soldaten gewesen sein. Versetzt wurden wir nach Dänemark, der kleine Ort hieß Rømø (nicht zu verwechseln mit dem italienischen Rom, das hatten die Alliierten schon besetzt).
- Wir Soldaten kamen nach der Rekrutenzeit nach Tulln bei Wien zur LKS 7 (Luftkriegsschule), um dort im vorfliegerischen Lehrgang zum Fliegen zu kommen. Doch dort wurde nichts daraus. Keine Flugzeuge, kein Benzin und kein Personal waren vorhanden. Gegen Ende des Jahres meldeten sich viele zum Einsatz in den kämpfenden Truppen; bei mir ging’s zu den Fallschirmjägern.
"Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte". Leider fand ich zu diesem Kurzbericht meines Vaters keine passenden Fotos bei ihm. Hier halfen mir freundlicherweise aus: Herr Horst Kohl (Bild 1 und 2), auf dessen schönen Heimat-Webseite "Oschatz-damals.de" man noch weitere Bilder (und Beriche) von Oschatz und dem Fliegerhorst finden kann, sowie Herr Gerald Polster (Bild 4), Vorstandsmitglied des "Oschatzer Geschichts- und Heimatverein e.V.", und Herr Jürgen Jende, Oschatz (Bild 3).
Vielen herzlichen Dank nochmals an alle drei Herren.
Vielen herzlichen Dank nochmals an alle drei Herren.
© Thorsten Migenda 24.03.2019
letzte Überarbeitung: 2019-03-31
letzte Überarbeitung: 2019-03-31