Schatzsuche mit Dynamit an den Ottensteinen bei Hausdorf /Neurode
Die folgende explosive Geschichte aus der Feder des Heimatforscher Josef Fogger von einer Schatzsuche, Dynamit und einem Geist, kurz nach 1900 bei den Ottensteinen bei Hausdorf / Neurode geschehen, sandte mir freundlicherweise Herr Pawel Dec – Breslau im September 2022 zu. Hierin taucht auch ein Migenda auf, der die Schatzsuche explosiv und donnernd unterstützt. Leider wird sein Vorname nicht genannt.
Meines Erachtens nach kommen dafür nur zwei Migendas in Frage. Zum ersten Richard Migenda (1887-1963), welcher in Hausdorf als Bergmann (Fahrhauer und Aufseher) arbeitete (siehe auch „Familienfundstücke Nr. 3“, oder aber sein Vater Franz Migenda (1842-1908), gleichfalls aus Hausdorf, der die verschiedensten Berufe ausübte und auch als Häusler genannt wurde. Unter seinen vielen Berufen wie Maschinenwärter (1874), Fabrikarbeiter (1876), Handelsmann (1881-1887), wurde auch „Steinbrecher“ angeführt. Mit letzten genannten wäre er der Aufgabe bestens gewachsen gewesen.
Meines Erachtens nach kommen dafür nur zwei Migendas in Frage. Zum ersten Richard Migenda (1887-1963), welcher in Hausdorf als Bergmann (Fahrhauer und Aufseher) arbeitete (siehe auch „Familienfundstücke Nr. 3“, oder aber sein Vater Franz Migenda (1842-1908), gleichfalls aus Hausdorf, der die verschiedensten Berufe ausübte und auch als Häusler genannt wurde. Unter seinen vielen Berufen wie Maschinenwärter (1874), Fabrikarbeiter (1876), Handelsmann (1881-1887), wurde auch „Steinbrecher“ angeführt. Mit letzten genannten wäre er der Aufgabe bestens gewachsen gewesen.
Transkription:
[Seite 29]
Schatzsuche mit Dynamit. Nicht lange nach der Jahrhundert=
wende haben sich Schatzgräber aus den schon erwähnten okkultistischen
Kreisen des Eulengebirges nachweislich in allem ernst an den Otten=
steinen betätigt. Eine Spiritistin aus Scholzengrund bei Neurode gab
an, die sagenhafte Frau vom Ottenstein gesehen zu haben; sie sei von dieser
aufgefordert worden, sie zu erlösen und ihre Schätze zu heben. Ihr Mann er=
bat von der Pfeilchen Gutsherrschaft in Hausdorf die Erlaubnis zu einem
Schatzsuche mit Dynamit. Nicht lange nach der Jahrhundert=
wende haben sich Schatzgräber aus den schon erwähnten okkultistischen
Kreisen des Eulengebirges nachweislich in allem ernst an den Otten=
steinen betätigt. Eine Spiritistin aus Scholzengrund bei Neurode gab
an, die sagenhafte Frau vom Ottenstein gesehen zu haben; sie sei von dieser
aufgefordert worden, sie zu erlösen und ihre Schätze zu heben. Ihr Mann er=
bat von der Pfeilchen Gutsherrschaft in Hausdorf die Erlaubnis zu einem
[Seite 30]
Sprengversuch an einer tiefen, torartigen Spalte am Fuß der Steine und er=
hielt sie nach vielem drängen zur Beruhigung der aufgeregten Nerven. Der mit
der Sprengung beauftragte Hausbesitzer Migenda aus Hausdorf ließ die schweren
Bohrer durch die Geisterseher selbst auf den Kamm schleppen; Neugierige gingen
mit. Oben angelangt, betete das Paar laut. Um die Vesperstunde wurde die
Ottenfrau durch zwei dröhnende Schüsse aus dem Jahrhundertjahrschlaf geweckt, gab
aber keine Schätze heraus. Dagegen „fand“ der zur Aufsicht anwesende Förster
August Guder einen alten Haarkamm, den er freudestrahlend als von der Ver=
bannten herrührend den enttäuschten Schatzsuchern überreichte. Die Beschädigung
der Ottensteine war unbedeutend.
Dieser tragikomische Vorgang und die Sagenreihe zeigen, daß nicht zu=
trifft, was A. Otto 1923 im „Glatzer Wanderbuch“vom Ottenstein
schrieb: Die Sagen wurzeln aber nicht im Volke, sondern sind papierene Er=
findungen und sollen wohl nur dem Orte größeres Interesse verleihen 99)“.
Dichtungen sind es, aber die seßhafte Bevölkerung nicht nur Hausdorfs erzählt
sie schon seit Generationen; die Sage von der Ottenjungfer ist auch älteren
Auswanderern von ihren Eltern aus bekannt, wie ein Brief aus San
Francisco schon vor Jahren bewies.
Die mythischen Sagen, als „jüngste Schicht“ germanischen Glaubens,
sind wie Splitter und Scherben, in die der germanische Dämonen=
und Götterhimmel zerfiel. Er war möglich, in einigen dieser Scherben einen
Schimmer des alten Glaubens an Naturverehrung und =beseelung,
Seelenwesen, Totenkult usw. aufleuchten zu lassen; einen systematischen Über=
blick über die germanische Glaubenslehre und Ethik der Gegend kann man aus
ihren z. T. eingewanderten heutigen Sagen nicht erwarten. Vielleicht fehlte der
Landschaft auch früher die religiöse Einheit; es liefen, wie H. Seger aus der
Verschiedenheit von Beigaben in schlesischen Gräbern der Vandalen der römischen
Kaiserzeit schließt, wahrscheinlich auf den Sinnengenuß abgestimmte und kriege=
rische Anschauungen der Vandalen über das zukünftige Leben als getrennte
geistige Strömungen nebeneinander, von denen bald diese,
bald jene in den verschiedenen Gauen Schlesiens die Oberhand gewannen 100).
Im ganzen gesehen, ergeben diese Grab=, Haus=, Ruinen=, Weg=, Wander=,
Naturspuksagen, Elben=, Dämonen= und Zaubersagen einen etwas trostlosen und
düsteren Ausscnitt aus dem Diesseits= und Jenseitsglauben der Vorfahren;
es entsteht der Eindruck, als ob z. B. das Wunschbild von Walhalla, das der
Krieger= und Herrenkaste zu eigen war, hier nicht beheimatet war; der ger=
manische Glaube an die heidnischen Götter ist eben von Christentum
gründlicher als der an andere unirdische Wesen verdrängt worden,
ebenso der Glaube an die vorherbestimmte Zukunft, die
Unabendbarkeit des Schicksals 101).
Sprengversuch an einer tiefen, torartigen Spalte am Fuß der Steine und er=
hielt sie nach vielem drängen zur Beruhigung der aufgeregten Nerven. Der mit
der Sprengung beauftragte Hausbesitzer Migenda aus Hausdorf ließ die schweren
Bohrer durch die Geisterseher selbst auf den Kamm schleppen; Neugierige gingen
mit. Oben angelangt, betete das Paar laut. Um die Vesperstunde wurde die
Ottenfrau durch zwei dröhnende Schüsse aus dem Jahrhundertjahrschlaf geweckt, gab
aber keine Schätze heraus. Dagegen „fand“ der zur Aufsicht anwesende Förster
August Guder einen alten Haarkamm, den er freudestrahlend als von der Ver=
bannten herrührend den enttäuschten Schatzsuchern überreichte. Die Beschädigung
der Ottensteine war unbedeutend.
Dieser tragikomische Vorgang und die Sagenreihe zeigen, daß nicht zu=
trifft, was A. Otto 1923 im „Glatzer Wanderbuch“vom Ottenstein
schrieb: Die Sagen wurzeln aber nicht im Volke, sondern sind papierene Er=
findungen und sollen wohl nur dem Orte größeres Interesse verleihen 99)“.
Dichtungen sind es, aber die seßhafte Bevölkerung nicht nur Hausdorfs erzählt
sie schon seit Generationen; die Sage von der Ottenjungfer ist auch älteren
Auswanderern von ihren Eltern aus bekannt, wie ein Brief aus San
Francisco schon vor Jahren bewies.
Die mythischen Sagen, als „jüngste Schicht“ germanischen Glaubens,
sind wie Splitter und Scherben, in die der germanische Dämonen=
und Götterhimmel zerfiel. Er war möglich, in einigen dieser Scherben einen
Schimmer des alten Glaubens an Naturverehrung und =beseelung,
Seelenwesen, Totenkult usw. aufleuchten zu lassen; einen systematischen Über=
blick über die germanische Glaubenslehre und Ethik der Gegend kann man aus
ihren z. T. eingewanderten heutigen Sagen nicht erwarten. Vielleicht fehlte der
Landschaft auch früher die religiöse Einheit; es liefen, wie H. Seger aus der
Verschiedenheit von Beigaben in schlesischen Gräbern der Vandalen der römischen
Kaiserzeit schließt, wahrscheinlich auf den Sinnengenuß abgestimmte und kriege=
rische Anschauungen der Vandalen über das zukünftige Leben als getrennte
geistige Strömungen nebeneinander, von denen bald diese,
bald jene in den verschiedenen Gauen Schlesiens die Oberhand gewannen 100).
Im ganzen gesehen, ergeben diese Grab=, Haus=, Ruinen=, Weg=, Wander=,
Naturspuksagen, Elben=, Dämonen= und Zaubersagen einen etwas trostlosen und
düsteren Ausscnitt aus dem Diesseits= und Jenseitsglauben der Vorfahren;
es entsteht der Eindruck, als ob z. B. das Wunschbild von Walhalla, das der
Krieger= und Herrenkaste zu eigen war, hier nicht beheimatet war; der ger=
manische Glaube an die heidnischen Götter ist eben von Christentum
gründlicher als der an andere unirdische Wesen verdrängt worden,
ebenso der Glaube an die vorherbestimmte Zukunft, die
Unabendbarkeit des Schicksals 101).
© Thorsten Migenda 2023-01-04
letzte Überarbeitung: -
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