Atomlokomotiven
Die US-amerikanische Atomlokomotive X-12
von Professor Dr. Lyle Benjamin Borst ca. 1952-1955 (Entwurf)
von Professor Dr. Lyle Benjamin Borst ca. 1952-1955 (Entwurf)
Nachdem die USA den 2. Weltkrieg mit dem zweifachen Atombombenabwurf und der Vernichtung zweier japanischer Städte mit hunderttausenden toten Zivilisten 1945 beendeten, begann ein Wettrüsten mit der Sowjetunion, besser gesagt Rußland, um immer gewaltigere Atomwaffen. Die USA verloren am 29. August 1949 durch die Explosion der ersten russischen nuklearen Testbombe RDS-1, eine durch Spionage und Verrat in den USA nachgebaute „Fat-Man“ Plutoniumimplosionsbombe, ihr Monopol auf Kernwaffen. In den darauffolgenden Jahren wurden die entwickelten Kernwaffen in ihrem Zerstörungsradius, insbesondere durch die neuentwickelte Wasserstoffbombe, immer gewaltiger, sodaß eine atomare Auseinandersetzung zwischen West und Ost wie ein Damoklesschwert über dem Westen hing. Um dem destruktiven Charakter der Atomenergie zu entgehen und diese auch im Alltag für friedliche Zwecke nutzen zu können, hielt der US-amerikanische Präsident Dwight D. Eisenhower am 8. Dezember 1953 seine als „Atoms for Peace“ („Atome für den Frieden“) genannte Rede vor der UNO. Sie war im Westen, vor allem in den USA, der Startschuß zu überlegen, wo überall man im zivilen Leben die Atomenergie einsetzen könnte. Neben Kernreaktoren zur Stromversorgung von Städten, den Atom-U-Booten und -schiffen, an denen man schon vor der „Atoms for Peace“-Rede plante und baute, kamen Ideen und Konstruktionen auf, wie atomar angetriebene Flugzeuge, hauptsächlich militärischer Natur als Bomber oder fliegender Flugzeugträger, Atomluftschiffe, Atomautos und natürlich auch Atomlokomotiven.
So entwickelte denn unter anderen auch der ehemalige Mitarbeiter des Manhattenprojektes, der Atomphysiker und Professor Dr. Lyle Benjamin Borst (1912-2002) mit einigen Studenten an der Universität Utah anfang der 1950er Jahre eine „X-12“ genannte Atomlokomotive. Wie der Name zustande kam, ist unbekannt, die 12 deutet auf die angetriebenen Achsen der Lokomotive hin. Seine Konstruktion ergab mehrere Patente und wurde unterstützt durch die amerikanischen Lokomotivenhersteller wie EMD, ComEd, Trane, Babcock & Wilcox, GE und Westinghouse. Fünf namhafte amerikanische Eisenbahngesellschaften wie Southern Pacific, Union Pacific, Western Pacific, Denver & Rio Grande Western und New York Central wirkten gleichfalls mit.
Äußerlich entsprach Borsts Atomlokomotivenentwurf einer langen Diesellokomotive der damaligen Zeit entsprechend im EMD-F7-Stil mit einem fest verkuppelten Kühltender. Die Lokomotive und der vordere Kühltender ruhten auf zwei Brücken mit Zapfenlagerung, die jeweils von zwei dreiachsigen Drehgestellen gelagert waren. Diese insgesamt 12 Achsen sollten über jeweils 12 Elektromotoren angetrieben werden. Der hintere Teil des Kühltenders der insgesamt 48,8 Meter langen Lok ruhte auf einem zweiachsigem, antriebslosem Drehgestell. Der vordere Teil der Atomlokomotive enthielt die Lokführerkabine, einen Hilfsgenerator, dahinter die Kontrollanlagen für den Reaktor, einen seperaten Heizkessel, der zum Heizen des Zuges gedacht war und darum nicht mit dem radioaktiven Dampfkreislauf des Atomreaktor verbunden sein durfte. Darauf folgte hinter einer rund 200 Tonnen schweren Abschirmung aus verschiedenen Metallschichten, Paraffin und anderen neutronenhemmenden Schichten der mit 242 Litern Uranylsulfatlösung betriebene Kernreaktor. Diese Lösung stand unter einem Druck von 16 atü und wurde im Betrieb der Kernspaltung 230 Grad heiß. Das Wasser in der Lösung, welches durch die Kernspaltung in die Gase Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wurden, durchliefen einen Katalysator, um zu Wasser vereinigt die Lösung wiederaufzufüllen.
Gekühlt wurde der Reaktor durch Wasser, welches ihn in Röhrchen und dem Mantel durchlief, zu Heißdampf erhitzt wurde, welcher eine Turbine antrieb, die wiederum mit vier Gleichstromgeneratoren, je zwei auf jeder Seite des Reaktors, verbunden war, die den für die Fahrmotoren nötigen Strom generierten. Der Dampf sollte darauf im Kühltender mittels Luftkühlung zu Wasser kondensieren, um dann wieder zum Reaktor zurückgeführt den Kühl- und Antriebskreis zu schließen.
Der Atomreaktor selbst war nur 90x90x30 cm groß und bestand aus rostfreiem Edelstahl. Gesteuert wurde der Kernreaktorprozeß durch in einem Winkel von 60 Grad in den Reaktor hineinreichende Steuerstäbe. Wurden die Steuerstäbe aus dem Reaktor gezogen, begann der Kernspaltungsprozeß. Im Falle eines Unfalles sollten die Steuerstäbe durch die damit auftretenden Belastungen über einem Fünftel der normalen Schwerkraft hinaus durch eingebaute Sollbruchstellen und Scherbolzen brechen, in den Reaktor hineinfallen und so die Kernspaltung unterbrechen.
Am Ende wurde auch diese Atomlokomotive nicht gebaut. Gründe waren wohl die doch hohen Kosten, daß die Leistung der Lokomotive auch billiger von vier EMDs F7 zusammengekuppelt erbracht werden konnte, das Wiederaufbereitungs- und Entsorgungsthema der Spaltprodukte und des Kernreaktors, die mächtige Öllobby, die den Absatz ihres Diesels schwinden sah, die mangelnde Kurvengängigkeit der entworfenen Lokomotive, sowie das radioaktive Verseuchungsthema im Falle eines Eisenbahnunglückes.
Meine Zeichnung orientiert sich an der Illustration des amerikanischen Künstlers Rolf Klep (1904-1981) im „Life-Magazin“ vom 21. Juni 1954 und dem damals in den USA üblichen EMD-Lokdesign, allerdings hier geschweißt und nicht genietet. Den fiktiven Werkanstrich habe ich als Reminiszens an einen der Demonstratoren bzw. Prototypen der erfolgreichen EMD F3 / F7 angelehnt, wie ihn 1990 der Eisenbahnmodellbauer Märklin unter der Nummer 3349 als dreiteiliges HO-Sondermodell gleichfalls herausbrachte.
So entwickelte denn unter anderen auch der ehemalige Mitarbeiter des Manhattenprojektes, der Atomphysiker und Professor Dr. Lyle Benjamin Borst (1912-2002) mit einigen Studenten an der Universität Utah anfang der 1950er Jahre eine „X-12“ genannte Atomlokomotive. Wie der Name zustande kam, ist unbekannt, die 12 deutet auf die angetriebenen Achsen der Lokomotive hin. Seine Konstruktion ergab mehrere Patente und wurde unterstützt durch die amerikanischen Lokomotivenhersteller wie EMD, ComEd, Trane, Babcock & Wilcox, GE und Westinghouse. Fünf namhafte amerikanische Eisenbahngesellschaften wie Southern Pacific, Union Pacific, Western Pacific, Denver & Rio Grande Western und New York Central wirkten gleichfalls mit.
Äußerlich entsprach Borsts Atomlokomotivenentwurf einer langen Diesellokomotive der damaligen Zeit entsprechend im EMD-F7-Stil mit einem fest verkuppelten Kühltender. Die Lokomotive und der vordere Kühltender ruhten auf zwei Brücken mit Zapfenlagerung, die jeweils von zwei dreiachsigen Drehgestellen gelagert waren. Diese insgesamt 12 Achsen sollten über jeweils 12 Elektromotoren angetrieben werden. Der hintere Teil des Kühltenders der insgesamt 48,8 Meter langen Lok ruhte auf einem zweiachsigem, antriebslosem Drehgestell. Der vordere Teil der Atomlokomotive enthielt die Lokführerkabine, einen Hilfsgenerator, dahinter die Kontrollanlagen für den Reaktor, einen seperaten Heizkessel, der zum Heizen des Zuges gedacht war und darum nicht mit dem radioaktiven Dampfkreislauf des Atomreaktor verbunden sein durfte. Darauf folgte hinter einer rund 200 Tonnen schweren Abschirmung aus verschiedenen Metallschichten, Paraffin und anderen neutronenhemmenden Schichten der mit 242 Litern Uranylsulfatlösung betriebene Kernreaktor. Diese Lösung stand unter einem Druck von 16 atü und wurde im Betrieb der Kernspaltung 230 Grad heiß. Das Wasser in der Lösung, welches durch die Kernspaltung in die Gase Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wurden, durchliefen einen Katalysator, um zu Wasser vereinigt die Lösung wiederaufzufüllen.
Gekühlt wurde der Reaktor durch Wasser, welches ihn in Röhrchen und dem Mantel durchlief, zu Heißdampf erhitzt wurde, welcher eine Turbine antrieb, die wiederum mit vier Gleichstromgeneratoren, je zwei auf jeder Seite des Reaktors, verbunden war, die den für die Fahrmotoren nötigen Strom generierten. Der Dampf sollte darauf im Kühltender mittels Luftkühlung zu Wasser kondensieren, um dann wieder zum Reaktor zurückgeführt den Kühl- und Antriebskreis zu schließen.
Der Atomreaktor selbst war nur 90x90x30 cm groß und bestand aus rostfreiem Edelstahl. Gesteuert wurde der Kernreaktorprozeß durch in einem Winkel von 60 Grad in den Reaktor hineinreichende Steuerstäbe. Wurden die Steuerstäbe aus dem Reaktor gezogen, begann der Kernspaltungsprozeß. Im Falle eines Unfalles sollten die Steuerstäbe durch die damit auftretenden Belastungen über einem Fünftel der normalen Schwerkraft hinaus durch eingebaute Sollbruchstellen und Scherbolzen brechen, in den Reaktor hineinfallen und so die Kernspaltung unterbrechen.
Am Ende wurde auch diese Atomlokomotive nicht gebaut. Gründe waren wohl die doch hohen Kosten, daß die Leistung der Lokomotive auch billiger von vier EMDs F7 zusammengekuppelt erbracht werden konnte, das Wiederaufbereitungs- und Entsorgungsthema der Spaltprodukte und des Kernreaktors, die mächtige Öllobby, die den Absatz ihres Diesels schwinden sah, die mangelnde Kurvengängigkeit der entworfenen Lokomotive, sowie das radioaktive Verseuchungsthema im Falle eines Eisenbahnunglückes.
Meine Zeichnung orientiert sich an der Illustration des amerikanischen Künstlers Rolf Klep (1904-1981) im „Life-Magazin“ vom 21. Juni 1954 und dem damals in den USA üblichen EMD-Lokdesign, allerdings hier geschweißt und nicht genietet. Den fiktiven Werkanstrich habe ich als Reminiszens an einen der Demonstratoren bzw. Prototypen der erfolgreichen EMD F3 / F7 angelehnt, wie ihn 1990 der Eisenbahnmodellbauer Märklin unter der Nummer 3349 als dreiteiliges HO-Sondermodell gleichfalls herausbrachte.
Daten zur US-amerikanischen Atomlokomotive „X-12“:
Name / Bezeichnung: „X-12“;
Entwurf von ca. 1952 bis 1955;
Hauptsächlicher Verwendungszweck: Güter- und Personenzugdienst;
Hersteller: General Motors Electro-Motive Division (EMD), ComEd, Trane, Babcock & Wilcox, GE, Westinghouse usw. / alle USA;
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur);
Geplante Leistungen: Dauerleistung 7.200 PS; Spitzenleistung 12.000 PS kurzzeitig;
Höchstgeschwindigkeit: ca. 160 km/h;
Achsfolge: (Co'Co')(Co'Co')2';
Anzahl der elektrischen Fahrmotore: 12;
Gesamtlänge über Kupplung: 48.800 mm;
Max. Höhe ab Oberkante Schiene: ca. 4.877 mm;
Breite: ca. 3.230 mm;
Gewicht: min. 360 t;
Name / Bezeichnung: „X-12“;
Entwurf von ca. 1952 bis 1955;
Hauptsächlicher Verwendungszweck: Güter- und Personenzugdienst;
Hersteller: General Motors Electro-Motive Division (EMD), ComEd, Trane, Babcock & Wilcox, GE, Westinghouse usw. / alle USA;
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur);
Geplante Leistungen: Dauerleistung 7.200 PS; Spitzenleistung 12.000 PS kurzzeitig;
Höchstgeschwindigkeit: ca. 160 km/h;
Achsfolge: (Co'Co')(Co'Co')2';
Anzahl der elektrischen Fahrmotore: 12;
Gesamtlänge über Kupplung: 48.800 mm;
Max. Höhe ab Oberkante Schiene: ca. 4.877 mm;
Breite: ca. 3.230 mm;
Gewicht: min. 360 t;
Zu den fünf US-Eisenbahngesellschaften, die sich an dem X-12-Projekt beteiligten, gehörte auch wie schon oben erwähnt die „Union Pacific“. Wäre die X-12 Wirklichkeit geworden, so hätte aller Wahrscheinlichkeit nach zumindestens diese Eisenbahngesellschaft in ihrem Hunger nach PS-starken Lokomotiven auch die X-12 gekauft, denn die stärksten und exotischsten Lokomotiven wurden und werden von dieser Eisenbahngesellschaft betrieben. Die X-12 in den Farben der „Union Pacific“ hätte in etwa wie folgt ausgesehen.
Die zweite US-Eisenbahngesellschaft, die an der X-12-Entwicklung teilnahm, war die "Southern Pacific". Sie hatte unterschiedliche Anstriche im Laufe der Zeit, je nachdem zur Beförderung von Güter- oder Personenzügen. Ihre "Daylight"-Personenzüge hatten eine rote-orangene Lackierung, auch "Daylight"-Lackierung genannt. Diese Luxuszüge wurden im Dieselzeitalter mit bis zu vier Diesellokeinheiten gezogen. Eine X-12 hätte sie alle gut ersetzen können, natürlich dann mit dem entsprechendem "Daylight"-Anstrich, siehe folgend:
Die "Southern Pacific Railroad" führte in ihrer Geschichte verschiedene Eisenbahnlackierungen für ihre Eisenbahngesellschaft ein. Neben der schon oben gezeigten "Daylight"-Lackierung folgte ab 1947 auch die sogenannte "Black Widow"-Lackierung, zu deutsch die "Schwarze-Witwe"-Lackierung. Eine gekaufte X-12 hätte auch diese Farben erhalten können und sähe dann wie folgt aus, wobei man feststellen kann, der gewählte Lackierungsname wirkt sehr zutreffend.
1958 führte die "Southern Pacific Railroad" ihren nächsten neuen Anstrich für ihre Lokomotiven ein, der roten Nase wegen nun "Bloody Nose" (= "Blutige Nase") genannt. Eine X-12 Atomlokomotive sähe dann in diesem Anstrich wie folgt aus:
Als dritte US-Eisenbahngesellschaft beteiligte sich auch die "Western Pacific Railroad" an der Entwicklung der X-12. Bekannt war sie für den Mitbetrieb - neben der "Chicago, Burlinton and Quincy Railroad" und der "Denver and Rio Grande Western Railroad" - des luxuriösen Reisezuges "California Zephyr" zwischen Chicago und San Francisco. Im damaligen "Phase 1"-Anstriches der "Western Pacific" mit den Farben silbern, orange und schwarz, hätte die X-12 den "California Zephyr" prestigeträchtig ziehen können:
Weiterführende Links:
https://de.wikipedia.org/wiki/X-12_(Lokomotive)
https://www.iridetheharlemline.com/2014/04/11/jets-and-atoms-powering-bizarre-trains/
https://gizmodo.com/the-days-of-atomic-locomotives-in-america-1564623650
https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015020157130&view=1up&seq=96
https://patents.google.com/patent/US3127321?oq=499867+borst
Als 3D-Modell:
https://sketchfab.com/3d-models/x-12-atomic-locomotive-concept-beeb2ca9d3c54da4ae093d6888b02adc
https://www.artstation.com/artwork/39zY0v
Als 3D-Druck und HO-Modell:
https://www.trainsdesameriques.fr/x-12-une-locomotive-atomique-en-impression-3d.html
https://de.wikipedia.org/wiki/X-12_(Lokomotive)
https://www.iridetheharlemline.com/2014/04/11/jets-and-atoms-powering-bizarre-trains/
https://gizmodo.com/the-days-of-atomic-locomotives-in-america-1564623650
https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=mdp.39015020157130&view=1up&seq=96
https://patents.google.com/patent/US3127321?oq=499867+borst
Als 3D-Modell:
https://sketchfab.com/3d-models/x-12-atomic-locomotive-concept-beeb2ca9d3c54da4ae093d6888b02adc
https://www.artstation.com/artwork/39zY0v
Als 3D-Druck und HO-Modell:
https://www.trainsdesameriques.fr/x-12-une-locomotive-atomique-en-impression-3d.html
© Thorsten Migenda 2024-01-18
letzte Überarbeitung: 2024-03-22
letzte Überarbeitung: 2024-03-22