Gasturbinen- und Elektrolokomotiven
Die projektierten deutschen Gasturbinenhydraulik-, Gasturbinenelektro- und Elektrotriebköpfe VT 603 von Rheinstahl-Henschel und BBC 1970-73
Um 1970-1973 grübelte die DB über neue Hochgeschwindigkeitszüge nach, die zwischen 200 bis 300 km/h erreichen sollten. Vermutlich schielte man hierbei auch auf den Nachbarn Frankreich, wo der TGV entwickelt und mit Gasturbinentriebköpfen ausgerüstet wurde. Ziel war ein Verkehr mit Geschwindigkeiten von bis zu 300km/h, internationalem Einsatz und Neigetechnik. Der Einsatz war mit einer wechselnden Anzahl von Mittelwagen für verschiedene "Leistungsstufen" an Geschwindigkeiten geplant. Sechs Mittelwagen bei 250km/h, zehn Mittelwagen bei 200km/h, 14 Mittelwagen bei 160km/h. Gedacht wurde somit auch an neue, druckertüchtigte Wagen mit gleichfalls je einem Gasturbinentriebkopf am Anfang und Ende des Zuges und einem neuen, eigenständigen designten Gesamtbild. Für dieses Design war das Designcenter der DB zuständig, welches Triebkopfmodelle und Wagen- im Maßstab 1:20 entwarf, wovon heute (2022) noch eine Triebkopfmodell als Überbleibsel des Projektes im Nürnberger Verkehrmuseum hinter einem Glaskasten zu bewundern ist. Das geplante Design der neuen Hochgeschwindigkeitszüge sah gesickte, silberfarbene Edelstahlwände und -dächer vor. Für das Fensterband kamen Kobaltblau (RAL 5013) und Blutorange (RAL 2002) in die engere Auswahl. Am Ende lief es wohl auf Blutorange (ähnlich dem Orange des TGVs) heraus, eine Trendfarbe der 1970ger Jahre. Zwei Reisezugwagen als Prototypen wurden gebaut, ein 2.-Klasse-Wagen in Kobaltblau und ein 1./2.-Klasse-Wagen in Blutorange. Im Gegensatz zu den Triebköpfen flossen die hier gewonnenen Erkenntnisse in den folgenden Bau der Eurofimawagen ein.
Folgend, mit der freundlichen Genehmigung von Herrn Pit Meyer, zwei Fotos des Modelles des VT 603-Triebkopfes aus seiner Hand. Er widmet dem VT 603-Projekt auch eine ganzes Kapitel auf seiner Webseite "ET 403 Fanpage". Das Modell ist eines der wenigen verblieben Zeugnisse dieses Projektes. Es sollte den Lokherstellern zur Gestaltung des äußeren Designs ihrer Lokentwürfe helfen. Wie die Zeichnungen der konkurierenden Lokherstellern zeigen, sollte auch ein Großteil so umgesetzt werden, doch bei manchen Details mußten sie auch technisch bedingt abweichen.
Folgend, mit der freundlichen Genehmigung von Herrn Pit Meyer, zwei Fotos des Modelles des VT 603-Triebkopfes aus seiner Hand. Er widmet dem VT 603-Projekt auch eine ganzes Kapitel auf seiner Webseite "ET 403 Fanpage". Das Modell ist eines der wenigen verblieben Zeugnisse dieses Projektes. Es sollte den Lokherstellern zur Gestaltung des äußeren Designs ihrer Lokentwürfe helfen. Wie die Zeichnungen der konkurierenden Lokherstellern zeigen, sollte auch ein Großteil so umgesetzt werden, doch bei manchen Details mußten sie auch technisch bedingt abweichen.
Die Triebköpfe sollten mit je 2 Gasturbinen angetrieben werden, wobei noch zu entscheiden war, wie die Kraftübertragung auf die Antriebsachsen zu bewerkstelligen werden sollte. Entweder per Hydraulik oder per Elektromotoren. Die beiden Lokhersteller Rheinstahl-Henschel und Krauss-Maffei sollten in Konkurenz zueinander Vorschläge für jeweils zwei Triebköpfe ausarbeiten. Rheinstahl-Henschel griff auf BBC, Krauss-Maffei auf AEG und Siemens als Partnerfirmen für die elektrischen Komponenten zurück. Heraus kamen im Dezember 1970 insgesamt vier Lokentwürfe, die die DB zu bewerten versuchte. Beide Konkurenzfirmen bevorzugten ihre Gasturbinenelektrovariante gegenüber der Gasturbinenhydraulikversion. Mochte in den 1950gern noch der Hydraulikantrieb dem Elektroantrieb bei der Energieumwandlung von z.B. Dieselmotoren (oder der geplanten, nicht verwirklichten Atomlok A600) von Vorteil gewesen sein, hat die Elektrik und deren Fortschritte rund 20 Jahre später diese Vorteile zunichte gemacht. Wäre es zum Prototypenbau gekommen, wäre höchstwahrscheinlich die Gasturbinenelektrovariante zum Zuge gekommen.
Danach bewertete die DB die Konkurenzentwürfe nach einem internen Punktesystem und entschied sich letztendlich für den Entwurf von Rheinstahl-Henschel und BBC. Deren Zeichnungen waren darum auch mein „Master“ für die folgenden Zeichnungen.
Dabei stellte sich auch die Frage, ob die Triebköpfe am Frontende eine Kupplung erhalten hätten. In den Zeichnungen von Rheinstahl-Henschel ist vorne auf der Höhe der Kupplung eine Art Abdeckung erkennbar. Möglicherweise war hier daran gedacht, im Notfall als Liegenbleiber die Abdeckung zu entfernen und eine Scharfenbergkupplung anzuschrauben. Meine Konstruktion dagegen sieht (what if = was wäre?) eine auf Knopfdruck zu öffnende Klappe (ähnlich dem TGV) vor, worauf dann die Scharfenbergkupplung ausfährt und verriegelt. Ob es eine solche Konstruktion mit ausfahrbarer Kupplung schon gibt, weiß ich nicht. Vielleicht sehen wir ähnliches, wenn auch ohne Klappe, "hier"?
Was im Vergleich der beiden Triebköpfe auffällt, ist der unterschiedliche Abstand der Drehgestelle. Dazu sind die Achsen der Gasturbine-Hydraulik-Lokomotive weiter auseinander als bei der Elektroversion. Dies ist wohl der dem Antrieb über die Wellen geschuldet, die ihren Platz beanspruchen. In der Orginialzeichnung des Gasturbine-Hydraulik-Triebkopfes ist auch die untere Frontschürze mit einem spitzeren Winkel weiter zum Fahrgestell gezogen. Bei mir dagegen ist die Front beider Varianten gleich gestaltet, der Optik und der Vereinfachung wegen.
Danach bewertete die DB die Konkurenzentwürfe nach einem internen Punktesystem und entschied sich letztendlich für den Entwurf von Rheinstahl-Henschel und BBC. Deren Zeichnungen waren darum auch mein „Master“ für die folgenden Zeichnungen.
Dabei stellte sich auch die Frage, ob die Triebköpfe am Frontende eine Kupplung erhalten hätten. In den Zeichnungen von Rheinstahl-Henschel ist vorne auf der Höhe der Kupplung eine Art Abdeckung erkennbar. Möglicherweise war hier daran gedacht, im Notfall als Liegenbleiber die Abdeckung zu entfernen und eine Scharfenbergkupplung anzuschrauben. Meine Konstruktion dagegen sieht (what if = was wäre?) eine auf Knopfdruck zu öffnende Klappe (ähnlich dem TGV) vor, worauf dann die Scharfenbergkupplung ausfährt und verriegelt. Ob es eine solche Konstruktion mit ausfahrbarer Kupplung schon gibt, weiß ich nicht. Vielleicht sehen wir ähnliches, wenn auch ohne Klappe, "hier"?
Was im Vergleich der beiden Triebköpfe auffällt, ist der unterschiedliche Abstand der Drehgestelle. Dazu sind die Achsen der Gasturbine-Hydraulik-Lokomotive weiter auseinander als bei der Elektroversion. Dies ist wohl der dem Antrieb über die Wellen geschuldet, die ihren Platz beanspruchen. In der Orginialzeichnung des Gasturbine-Hydraulik-Triebkopfes ist auch die untere Frontschürze mit einem spitzeren Winkel weiter zum Fahrgestell gezogen. Bei mir dagegen ist die Front beider Varianten gleich gestaltet, der Optik und der Vereinfachung wegen.
Daneben dachte Rheinstahl-Henschel weiter und entwarf auch nach dem Baukastenprinzip einen reinen Elektrotriebkopf. Anstatt der zwei Turbinen waren bei der Lok zwei Einholmstromabnehmer auf dem Dach vorgesehen und im Inneren die Geräte für die Netzeinspeisung. Warum zwei Stromabnehmer weiß ich nicht. Vielleicht dachte man an grenzüberschreitenden Verkehr wie in die Schweiz.
Da die Stromabnehmer in der Breite ihren Platz brauchen, bedarf es bei dieser Variante eine Art Rucksackplattform für die Stromabnehmer. Des Lichtprofiles wegen müßten die beiden Wände an der Seite ähnlich der BR 101 abgeschrägt sein. Ein Profil von rund (Dach) auf eckig (Stromabnehmer) sorgt für einen strömungsgünstigen Übergang. – Für diesen reinen Elektrotriebkopf sah die DB keinen Bedarf und lehnte ihn ab.
Daten zum geplanten Triebkopf:
Name / Bezeichnung: „VT 603“;
Hauptsächlicher Verwendungszweck: Hochgeschwindigkeitsreisezugdienst;
Baujahr: - (blieb ein Projekt von 1970 - 1973);
Hersteller Triebköpfe: Rheinstahl-Henschel (mechanischer Teil), BBC (elektrischer Teil);
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur);
Leistung: 5.000 PS;
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h;
Achsfolge: Bo’Bo‘;
Länge über Puffer: 19.400 mm;
Gewicht Triebkopf: ca. 62 t;
Für die VT 603-Züge plante die DB, wie schon oben erwähnt, verschiedene „Leistungsstufen“: "Sechs Mittelwagen bei 250km/h, zehn Mittelwagen bei 200km/h, 14 Mittelwagen bei 160km/h." Um diese Wagengrenzen zu überschreiten, habe ich auch noch rein fiktive B-Einheiten (Boostereinheiten) mit einem Notführerstand entworfen.
Sie sähen dann in etwa so aus:
Sie sähen dann in etwa so aus:
Daten zur fiktiven Boostereinheit:
Name / Bezeichnung: „VT 603“;
Hauptsächlicher Verwendungszweck: Hochgeschwindigkeitsreisezugdienst;
Baujahr: - (fiktive Ergänzung zum Triebkopf von 1970 - 1973);
Hersteller: eventuell auch Rheinstahl-Henschel (mechanischer Teil), BBC (elektrischer Teil);
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur);
Leistung: 5000 PS;
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h;
Achsfolge: Bo’Bo‘;
Länge über Puffer: ca. 19.000 mm;
Gewicht Triebkopf: ca. 60 t;
Name / Bezeichnung: „VT 603“;
Hauptsächlicher Verwendungszweck: Hochgeschwindigkeitsreisezugdienst;
Baujahr: - (fiktive Ergänzung zum Triebkopf von 1970 - 1973);
Hersteller: eventuell auch Rheinstahl-Henschel (mechanischer Teil), BBC (elektrischer Teil);
Spurweite: 1.435 mm (Normalspur);
Leistung: 5000 PS;
Höchstgeschwindigkeit: 300 km/h;
Achsfolge: Bo’Bo‘;
Länge über Puffer: ca. 19.000 mm;
Gewicht Triebkopf: ca. 60 t;
Mit diesen Boostereinheiten erschlössen sich, je nach Erfordernis, die vielfältigsten Einsatzmöglichkeiten. Z.B. ein zusätzlicher Booster in der Mitte des Zuges oder am Anfang hinter dem Triebkopf, oder zwei Booster, je einer hinter jedem Triebkopf, oder gar drei Boostereinheiten ...
Natürlich könnte man sich für Strecken, die mal elektrifiziert sind und dann wieder nicht, gemischte Booster vorstellen, eine Art hybrider geboosteter Triebkopf, wie z.B. folgend dargestellt:
Aber sehen wir diese Boostereinheiten als reine Fiktion an, denn diese entsprechen nicht der DB-Philosophie. Bei der Entwicklung des ersten ICEs wurden zwar auch Antriebsvarianten mit Boostereinheiten entworfen. Laut Herrn Pit Meyer eine Variante mit einem Booster, eine andere mit zwei Boostern. Zum Tragen kam jedoch keine der beiden Varianten. Eher wären beim VT 603 mehrere aneinander gekuppelte Zugeinheiten wie beim ICE oder dem ET 403/404 zum Zuge gekommen, siehe "hier".
Wie auch immer, das Projekt VT 603 wurde aus den verschiedensten Gründen von der Bahn nicht verwirklicht und versandete um 1973, während die Franzosen hingegen ihr TGV-Projekt mutig realisierten und zu einer erfolgreichen und weltbekannten Marke machten und dazu einen Exportschlager kreierten. Man hat so das Gefühl, daß die DB um 1970 ihren Höhepunkt erreicht hatte und seitdem langsam, aber stetig immer mehr abbaute bis zu dem heutigen katastrophalen Zustand von 2023 hin. Das Einstampfen des VT 603-Projektes gehörte vielleicht dazu.
Wie auch immer, das Projekt VT 603 wurde aus den verschiedensten Gründen von der Bahn nicht verwirklicht und versandete um 1973, während die Franzosen hingegen ihr TGV-Projekt mutig realisierten und zu einer erfolgreichen und weltbekannten Marke machten und dazu einen Exportschlager kreierten. Man hat so das Gefühl, daß die DB um 1970 ihren Höhepunkt erreicht hatte und seitdem langsam, aber stetig immer mehr abbaute bis zu dem heutigen katastrophalen Zustand von 2023 hin. Das Einstampfen des VT 603-Projektes gehörte vielleicht dazu.
© Thorsten Migenda 2023-02-02
letzte Überarbeitung: 2024-02-14
letzte Überarbeitung: 2024-02-14